Precision Farming – Das Potenzial der Pflanze voll ausschöpfen!

09.12.2017, pprankl

Was heißt „Precision Farming“ und was versteht man eigentlich alles darunter? Übersetzt heißt „Precision Farming“ präzise Landbewirtschaftung. Man versteht darunter ein präziseres Arbeiten mittels Lenksysteme, automatische Teilbreitenschaltungen oder aber auch das Setzen von teilflächenspezifischen Bewirtschaftungsmaßnahmen. Das wiederum heißt, dass Bewirtschaftungsmaßnahmen innerhalb eines Schlages differenziert werden. Georg Pernkopf & Peter Prankl

Aber wozu teilflächenspezifisch bewirtschaften?

Die ökonomischen und ökologischen Rahmenbedingungen haben sich für Landwirte in den letzten Jahren stark verändert. Diese Tendenz wird höchstwahrscheinlich auch in Zukunft fortbestehen. Doch müssen Ertragssteigerung und Umweltschutz im Gegensatz stehen? – Nein, keinesfalls! Wer will der Pflanze schon Dünger oder Pflanzenschutzmittel verabreichen, welche diese nicht verwerten kann? Wir reden eigentlich nicht von Verwertung, sondern von effizienter Umsetzung. Das wiederrum heißt, dass die Erhöhung um eine Betriebsmitteleinheit immer mehr Ertrag bringt, als die Kosten dieser zusätzlichen Einheit sind.

Innerhalb eines Schlages variieren die Erträge oft sehr stark! So wurden im Rahmen eines Diplomarbeitsversuches des Francisco Josephinum trotz einer sehr einheitlichen Weizenfläche Teilertragsunterschiede von über 2000 kg/ha (bei 86% TM und 12% Rp) festgestellt. Das heißt, der Korn-N-Entzug schwankte in diesem Fall um 36 kg je ha, obwohl einheitlich gedüngt wurde. In der Praxis wird es innerhalb eines Schlages oft weit höhere Ertragsunterschiede geben. Die Frage ist, wodurch kommen diese Ertragsunterschiede zustande?

Grundprinzip der teilflächenspezifischen Bewirtschaftung

Bei der teilflächenspezifischen Bewirtschaftung werden grundsätzlich drei verschiedene Verfahren unterschieden. Im sogenannten Online-Verfahren werden Bestandessensoren (Fitzmeier Bestandessensor, Yara N-Sensor,…) bei der Düngung oder beim Pflanzenschutz eingesetzt, um direkt den Düngerstreuer bzw. die Feldspritze nach den gemessenen Werten einzustellen.

Dabei werden Messköpfe in einem gewissen Abstand über dem Bestand geführt. Bei sogenannten aktiven Sensoren senden diese Messköpfe ein Licht aus (LED, Blitzlicht) und messen anschließend die Reflexion, also das vom Pflanzenbestand reflektierte Licht (sichtbares Licht und Nahinfrarotbereich). Aktive Sensoren haben den Vorteil, dass sie vom Tageslicht annähernd unabhängig arbeiten und auch bei Nacht eingesetzt werden können. Passive Sensoren arbeiten nach dem gleichen Prinzip, nur wird kein aktives Licht ausgesendet. Es wird die Reflexion des Sonnenlichtes gemessen. Über die gemessenen Reflexionswerte können vom Terminal im Traktor verschiedene Vegetationsindizes (z.B. NDVI, REIP,…) berechnet werden, welche dann auf die N-Versorgung und auf die vorhandene Biomasse schließen lassen. Letztendlich wird der dem Vegetationsindex zugeordnete Düngewert über eine Datenschnittstelle an das Terminal des Düngersteuers weitergegeben und danach der Düngerstreuer eingestellt.

Da die Reflexion des Pflanzenbestandes gemessen wird, funktionieren diese Sensoren nur bei ausreichendem Pflanzenbestand. Daher beschränkt sich der Einsatz in Getreide auf die zweite (Einsatzgrenze EC 30, 31) und dritte Düngergabe.

Wie werden nun die verschiedenen N-Düngemengen berechnet?

Eine Möglichkeit die erforderliche N-Düngermenge zu berechnen, ist die Zuweisung einer bestimmten N-Applikationsmenge zu einem kalibrierten Messwert (IBI, IRMI, NDVI, REIP,…). Zudem kann auch die Steigung verändert werden, d.h. um welchen Wert die Düngermenge gesteigert/verringert werden soll, wenn sich der Messwert um eine Einheit ändert. Bei der Getreide-Schossergabe arbeitet man also mit einer negativen Steigung. Steigt der Vegetationsindex (Messwert) an einer bestimmten Teilfläche (d.h. der Versorgungszustand des Bestandes ist hier besser), so wird an dieser Stelle die Düngemenge reduziert. Ist der Versorgungszustand des Bestandes schlechter, d.h. der gemessene Vegetationsindex ist niedriger, so wird die Düngemenge an dieser Teilfläche erhöht. Es wird somit bei der 2. Düngegabe in die Bestandesdichte eingegriffen. Bei der Qualitätsgabe, bei der es um die Kornfüllung bzw. den Rohproteingehalt (Rp-Gehalt) geht, muss diese Strategie umgekehrt werden. Steigt also der Messwert (Vegetationsindex wird höher; Bestand ist dichter) so muss die N-Menge erhöht werden, fällt der Messwert so muss die N-Menge reduziert werden. Dichtere Bestände mit mehr ährentragenden Halmen benötigen mehr N bei der Kornfüllung. Wir arbeiten hier also mit einer positiven Steigung.

Eine weitere Möglichkeit Düngemengen zu berechnen, ist die Düngung nach einer ertrags- und qualitätsabhängigen N-Aufnahmekurve eines Pflanzenbestandes (Weizendüngungsmodell der Fa. Fritzmeier). Dazu müssen das Ertragsniveau, die Qualität (Futterweizen, Mahlweizen, Qualitätsweizen) sowie das aktuelle Entwicklungsstadium (z.B. EC 32) und das Stadium der Folgedüngung (z.B: EC 39) angegeben werden. Auf Basis dieser Daten und des ermittelten Messwertes wird die Düngemenge berechnet.

Innerhalb eines Schlages können verschiedene Ertragspotenziale bestehen. Dementsprechend gibt es innerhalb eines Schlages verschiedene N-Aufnahmekurven für verschiedene Teilertragsflächen. Werden dem Bedienterminal des Sensors zusätzlich teilflächenspezifische Ertragspotenziale hinterlegt, so kann der Sensor neben der Bestandesausgleichung auch verschiedene Ertragspotenziale berücksichtigen. Wenn beispielsweise aufgrund eines höheren Sandanteils einer Teilfläche der Ertrag auf 6 t/ha begrenzt ist, so ist es nicht sinnvoll, wenn der Sensor versucht den Bestand bei der zweiten Gabe auf 8 t/ha Ertragspotenzial auszugleichen. Werden dem Sensorterminal also zusätzlich georeferenzierte Ertragskarten hinterlegt, so nennt man dieses Verfahren kombiniertes Verfahren oder Map-Overlay.

Weiters können solche Bestandessensoren auch für die Ausbringung von Wachstumsreglern mit Pflanzenschutzspritzen eingesetzt werden. Jeder weiß, dass meist nur Teilflächen eines Bestandes ins Lager gehen, warum also dünnere Teilbestände mit Wachstumsreglern behandeln? Bei Wachstumsregler kann ein Ertrag auf solchen Teilflächen auch „weggespritzt“ werden (Wachstumsregler setzen das Wurzelwachstum herab), deshalb sollten nur jene Pflanzen bzw. Teilflächen behandelt werden, die Gefahr laufen ins Lager zu gehen.

Im sogenannten Mapping-Verfahren (auch Offline-Ansatz oder Kartenansatz genannt) werden Teilflächen auf Basis unterschiedlicher georeferenzierter Datenquellen (Ertragskartierung, Luftbilder, Bestandessensoren etc.) erstellt und daraus falls erforderlich Ertragspotenzialskarten generiert. Diese Ertragspotenzialskarten sind, wie vorhin erwähnt, die Grundlage für das kombinierte Verfahren (Map-Overlay).

Ein weiteres Ziel des Mapping-Ansatzes kann sein, die Ursache von Teilertragsflächen innerhalb eines Schlages zu ergründen, um anschließend die Bewirtschaftung an die vorhandenen Bedingungen anzupassen bzw. die Potenziale der Teilflächen zu erhöhen. Sind einmal Teilflächen gebildet, so können teilflächenspezifische Bodenprobenahmen durchgeführt werden. In weiterer Folge können Grunddüngekarten erstellt werden, um gezielt P- und K-Unterversorgungen zu heben und Überversorgungen zu senken. Beziehungsweise kann der Humusgehalt gezielt auf Teilflächen gehoben werden (teilflächenspezifische Wirtschaftsdüngerausbringung) oder die Aussaatmenge an die Bodenbedingungen angepasst werden.

Möglichkeiten der Teilflächenbildung

Eine Möglichkeit Teilflächen zu bilden ist die Ertragskartierung über den Mähdrescher. Mittels Sensoren im Korntankelevator werden Feuchtegehalt und Ertrag gemessen und über einen GPS-Empfänger georeferenziert auf einem Datenträger abgespeichert. Über eine eigene Software können dann Ertragskarten erstellt werden. Werden diese Karten über mehrere Jahre von einem Schlag erstellt, so können Ertragspotenziale über verschiede Kulturen witterungsabhängig dargestellt werden. Das heißt, es können mithilfe von Wetterdaten Ertragspotenziale auf Teilflächen jahresbedingt dargestellt werden.

Werden für die Düngung bereits die oben erwähnten Besandessensoren (Fritzmeier, Yara) eingesetzt, so können diese Vegetationsindizes über das Terminal auch georeferenziert auf einem Datenträger abgespeichert werden und daraus über eine geeignete Software Teilflächen auf Karten generiert werden. Durch die starke Korrelation von der nach der Blüte eruierten Vegetationsindices mit dem späteren Ertrag, können auch anhand solcher Daten Ertragspotenzialskarten erstellt werden.

Eine weitere Methode unterschiedliche Teilflächen zu erfassen, ist die Teilflächenbildung mittels Luft- bzw. Sattelitenbilder. Mittels dieser Bilder lassen sich ähnlich wie bei den erwähnten Bestandessensoren unterschiedliche Zonen erfassen und über die Jahre anhand erfasster Wetterdaten auch Witterungseinflüsse auf Teilzonen feststellen. Ähnlich den Bestandessensoren können auch über diese Reflexionsmessungen Ertragspotenzialskarten generiert werden.

Eine Methode der Bodenkartierung ist auch die Ermittlung der elektrischen Leitfähigkeit über Bodenscanner (EM 38; VERIS 3100). Die elektrische Leitfähigkeit ist stark vom Wassergehalt und damit von der Bodenart, dem Humusgehalt bzw. dem Vorhandensein von Verdichtungen abhängig. Messungen werden mit einem GPS-Punkt versehen und anschließend in einem weiteren Arbeitsschritt kartiert und können damit Grundlage für die Teilflächenbildung sein.

Bodenschätzungskarten als Kartierungsgrundlage wären zwar aufgrund der umfassenden Informationen wünschenswert, sind aber über weite Bereiche zu ungenau als Grundlage für eine teilflächenspezifische Bewirtschaftung.

Aus diesem Kartenmaterial können letztendlich Applikationskarten für die Grunddüngung bzw. die Wirtschaftsdüngerausbringung erstellten werden. Oder es werden Ertragspotenzialskarten erstellt, um diese im Map-Overlay-Verfahren anzuwenden.

Fazit

Die Möglichkeiten die Bewirtschaftung teilflächenspezifisch anzupassen, um letztendlich effizienter mit der Fläche umzugehen, sind zahlreich und wären gerade auf flächenknappen österreichischen Veredelungsbetrieben für eine Effizienzsteigerung von hoher Bedeutung. Dieser Technik- bzw. Elektronikeinsatz verursacht natürlich Kosten und ist insbesondere bei der durchschnittlichen österreichischen Flächenausstattung einzelbetrieblich derzeit kaum rentabel. Es ist aber ein Bereich der noch viele Fragen offen lässt. Jeder Betrieb fährt mit seinen Maschinen und Geräten mehrmals im Jahr seine Flächen ab! Dabei gibt es innerhalb eines Schlages merkbare Unterschiede hinsichtlich der Auslastung, des Treibstoffverbrauches, der Geschwindigkeit etc. Sind diese Daten für eine Teilflächenbildung zu verwenden? Wie wird sich der Preis für Bestandessensoren weiterentwickeln?

Eine Grundlage, um in die teilflächenspezifische Bewirtschaftung einsteigen zu können, ist jedenfalls ein ordentliches Betriebsdatenmanagement mit bester Datenqualität! Also ein Grund mehr FARMDOK zu verwenden!

Das waren einige Grundlagen für das allgemeine Verständnis von Precision Farming. Im nächsten Artikel geht es um mögliche Umsetzungsschritte bzw. um Kosten und Nutzen solcher Systeme! Bleiben sie dabei!

Tipp: In Österreich werden im Rahmen der ländlichen Entwicklung ab jetzt Lenksysteme mit 40% gefördert! Im nächsten Artikel erfahren Sie über die Wirtschaftlichkeit dieser Systeme!